Das Bundesarbeitsgericht hatte schon in der Vergangenheit entschieden, dass Urlaub nicht zum Jahresende bzw. im Übertragungszeitraum verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zuvor auffordert, seinen Urlaub zu nehmen bzw. darauf hinweist, dass er ansonsten verfällt.

Für den Krankheitsfall galt bisher, dass die gesetzlichen Urlaubsansprüche – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – ohne Weiteres mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres („15-Monatsfrist“) verfielen. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nun geändert (BAG Urteil vom 20.12.2022 - 9 AZR 245/19).

Der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub aus einem Urlaubsjahr, in dem der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aus gesundheitlichen Gründen an der Inanspruchnahme seines Urlaubs wegen Krankheit oder voller Erwerbsminderung gehindert war, erlischt regelmäßig nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber ihn rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten. Für diesen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können.

Am selben Tag hat das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 20. 12.2022 - 9 AZR 266/20) ebenfalls aufgrund der Vorgaben des EuGH entschieden, dass der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub zwar der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Es kann also passieren, dass ein Arbeitnehmer für viele Jahre seinen Urlaub geltend macht, der weder verjährt noch verfällt - allerdings nur für Jahre, in denen der Arbeitnehmer wenigstens einen Tag gearbeitet hat. Es wird daher dringend angeraten, zum Anfang des Jahres dem Arbeitnehmer ein Schreiben zukommen zu lassen, in dem über die vorhandenen Urlaubsansprüche und deren drohendem Verfall informiert wird. Man könnte auch überlegen, dies schon am Ende des Vorjahres durchzuführen, wobei noch unklar ist, wie die Gerichte das sehen. Weiterhin ist zu empfehlen, auch zum Ende des Jahres hin rechtzeitig noch einmal über die dann noch bestehenden Ansprüche und die Notwendigkeit, ihn zu nehmen, um den Verfall zu verhindern, zu informieren. Die Information muss jeweils individuell auf den Arbeitnehmer zugeschnitten sein, ein allgemeines Informationsschreiben für alle, wird nicht ausreichen.

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